Wer an unserm stattlichen Schulbau vorbeigeht, hört auf einmal den Schlag der Turmuhr, deren Klöppel auf eine Glocke schlägt. Viele wissen nicht, wie alt dieses bronzene Denkmal ist, und doch ist die Geschichte davon sehr interessant.
Hier die nähere Beschreibung. Größe etwa 70 cm, größter Durchmesser 60 cm, Gewicht 2,5 Zentner. Die Inschrift lautet: Jesus, Maria, Joseph, Elisabeth, orate pro nobis, anno 1680. Der Name des Glockengießers ist nicht vermerkt. Andere Glocken aus dieser Zeit wurden von Eifeler Gießern hergestellt. Ein Kreuz, zusammengestellt aus Blumen, schmückt die eine Seite. Am Rande stehen Passionsblumen. Wahrscheinlich wurde die Glocke unter Klepper Paulus, Pfarrdechant von Neunkirchen, zu dessen Verwaltung auch Remich gehörte, angeschafft. Von 1664 bis 1684 war Klepper Pfarrer.
Die Schulglocke von Remich liebt das Wandern. Als die Elisabethkapelle am Moselstaden stand, rief sie die Gläubigen zum Gottesdienst. Da das Kirchlein den Verkehr störte, wurde es abgerissen. Eine neue Notkirche kam in den Neuenweg. Dort wurde eine Zeit lang die Messe gelesen. 1817 erbaute man an den alten Festungsturm die Pfarrkirche. In diese kamen größere und schwerere Glocken. Die Elisabethglocke blieb im Neuenweg. Knabenschulen und ein Versammlungssaal lösten die kirchlichen Feiern ab. Die Kapellenglocke wurde nun Schulglocke und läutete den Beginn der Klassenstunden.
Das Seil der Glocke hing bis in einen Klassensaal. Welche Freude war das für die Buben, wenn sie "pinken" konnten. Einen Nachteil hatte dies jedoch. Mehr als ein verschrobener und fauler Bursche bekam das Seil zu spüren – und manche wurden dadurch gebessert.
Aber noch einen Zweck hatte die Neuenweger Glocke. Bei Bränden wurde "Sturm" geläutet. Es gab ja noch keine Sirenen.
Längere Jahre schwieg unsere Glocke. Sie war nicht mehr modern genug. Auch ersetzten die Kirchenglocken ihre kleine Genossin. Dies änderte, als unter Bürgermeister Altwies der neue Schulpalast entstand. In den Turm kam eine elektrische Uhr* – und die ehrwürdige Gesellin wurde dort aufgehängt. Es war ein Festtag für die Dachdecker Jungblut, dieselbe hinaufzuziehen. Der Gemeinderat und viele Leute schauten dem Schauspiel zu. Als die Glocke den ersten Schlag tat, segnete Dechant Neu dieselbe. Bürgermeister Altwies hielt eine kurze Ansprache, und Pitt Jungblut nahm die Mütze ab und rief mit lauter Stimme: "St. Elisabeth, nimm die Jugend von Remich in deinen Schutz und halte fern Feuer und Blitz." Der denkwürdige Tag war der 28. Oktober 1933.
Unsere Schulglocke hat schon manches Tragische erlebt: die französische Revolution, den Befreiungskrieg, die belgische Revolution, zwei große Weltkriege, die Beschießung von Remich, die Sprengung der Brücke, die Evakuation. Größere Brände hat Sankt Elisabeth von Remich ferngehalten. Ehre und Dank der großen Heiligen!
Aber auch manch Erfreuliches weiß die Glocke zu berichten. Bekannt sind die Besuche von König-Großherzog Wilhelm I., Großherzogin Maria Adelheid, Großherzogin Charlotte – und die Rückkehr Johanns des Blinden über die Brücke von Remich nach Luxemburg. – Und die Befreiungsfeiern!
Heute ist am Glockenturm der Schule eine Sirene angebracht. Bei Übungen der Feuerwehr und bei Bränden ruft diese die Wehrmänner herbei, und diese löschen dann und retten manch edles Gut.
Und nun, schöner Schulturm, wenn am zweiten Fronleichnamssonntag die ganze Pfarrei um den prächtig geschmückten Altar versammelt ist, umrahmt von der strammen Pompiersgarde, lasse deine Klänge ertönen – ad majorem Dei gloriam!
S.
Aus der Broschüre: Cinquantenaire du Corps des Sapeurs-Pompiers Volontaires de la Ville de Remich 1910-1960
Rechtschreibung angepasst: Carine Hensgen
* Anmerkung (Photo-Frënn Réimech): Bei der Schuluhr handelt es sich um eine mechanische Uhr mit elektrischem Aufzug.
(Fotos: Jean Rock)