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De Stréimännchen

 

Der alte Remicher Brauch, die Fastnacht durch das Verbrennen des "Stréimännchen" zu begraben, hat seinen Ursprung in altersgrauer Vorzeit. Er erinnert an die Sonnenwendfeier und ist sicher ein Überrest des Sonnenkultes. Damit wird das Ende der närrischen Zeit bekundet, zugleich der Winter begraben und auf den Frühling gehofft.

Um diesen Brauch ranken sich viele Legenden, und die Remicher Harmonie Concordia hat es bisher verstanden, am Aschermittwoch die Tradition stets aufleben zu lassen.

Verschworene Mitbürger treffen sich am Nachmittag und basteln eine große Strohpuppe, die "Fuesend" darstellend. Normalerweise handelt es sich dabei um einen "Stréimännchen", in den Schaltjahren um eine "Stréifrächen". In den Händen hält sie, nach dem langen Fastnachtswochenende, nur noch einen leeren Geldbeutel und eine leere Flasche. Der Fisch, den man ihr früher umhängte, symbolisierte den Aschermittwoch. Die Remicher sind bekannt für ihren Schalk im Nacken. So kommt es vor, dass beim Begräbnis des "Männchen" manche Neuigkeit oder Begebenheit aus der Gemeinde als Miniaturanhängsel kundgetan wurde (Dreckskëscht, Hondstax, holzen Déier, eng Sprëtz ...).

Nach altem Brauch soll der zuletzt in Remich etablierte Wirt den Strohmann durch die Gassen der Stadt bis zur Moselbrücke tragen. Hat sich der Wirt am feucht-fröhlichen Basteltag als zu knauserig erwiesen, beschwerte man die Puppe mit einem oder zwei Ziegelsteinen.

Früher wurde vor dem Umzug allen Beteiligten der "sauere Fësch" "a Wëttels" Caves Krier und anschließend bei Zenner Bob kredenzt. Den edlen Spendern und hilfreichen Händen (Lé Hierzig, Gust Krier, Frittemisch, Jos Comes, Felz Leechen) ist dies hoch anzurechnen, und so kam der Brauch auf, dass neben dem "Stréimännchen" "gebaken a sauer Fësch" eine Tradition am Aschermittwoch wurde.

Bei Einbruch der Dunkelheit setzt sich im oberen Teil Remichs (a Brasilien), vor dem Café "a Fuesend's", der Festzug in Bewegung. Da es sich um eine einzigartige Tradition im Großherzogtum handelt, scheute das 1981er Komitee keine Kosten bei der Anschaffung von Schwalbenschwanz, Zylinder und Trauerflor. Statt eines Trauermarsches, wie das sich für ein Begräbnis geziemt, geht es eher lustig und beschwingt im Trauerzug zu. Immer und immer wieder ertönen die heiteren Weisen eines "Cramignon". Es ist dies eine Art provenzalische Farandole, ein volkstümlicher springender Rundtanz, bei dem die Tänzer sich an den Händen festhalten. Früher wurde er von einem Spielmann und einem Trommler ausgeführt und war sehr beliebt in den wallonischen Gegenden, besonders um Lüttich herum. Ohne Zweifel erhielt diese Melodie mit der Zeit verschiedene Versionen, auch wurden ihr verschiedene Texte unterlegt, so z.B. das Studentenlied "Das Kanapee" und das Remicher Fastnachtslied von Lucien Klopp "'t ass Fuesend an 't ass Fräd".

Im Beisein der Bevölkerung, die tanzend, springend und singend die Harmonie umgibt, zieht das fröhliche Fastnachtstreiben durch die Gassen der Stadt Remich. Mit flotten Rundtänzen um den "Stréimännchen" resp. die "Stréifrächen", dem eigentlichen Cramignon, erhöht sich die Ausgelassenheit der Tänzer. Am Fuße der Moselbrücke am "Moart" beginnt das melancholische Spektakel. Unter den Klängen des "Muss i denn zum Städtle hinaus" bewegt sich der Trauerzug bis zur Brückenmitte. Mit tiefem Pathos wird die "Fuesend" mit Benzin übergossen, angezündet und als Apotheose in die eisigen Fluten der Mosel gestürzt. Dieser uralten Tradition folgend, verabschieden sich heute noch die Remicher von der "Fuesend" in freudiger Erwartung der Cavalcade.

 

Erausgepickt an zesummegestallt vum Albert Hoffmann

Aus: De Buet 02/2008

 

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